web templates free download


„Vergangenheit trifft Zukunft“


Dieses von wenigen Idealisten getragene bescheidene „Projekt“ wurde eigentlich nie als Projekt geplant, sondern ist im Verlauf der Zeit aus einer Vielzahl von Aktivitäten heraus gewachsen. Am Anfang vor 45 Jahren stand das Bedürfnis, Menschen bei ihrer harten Arbeit zu helfen, spontan und sporadisch, wenn ich gerade mit Schülern im Calancatal weilte. Regelmässig wurden Arbeitseinsätze in der Freizeit seit der Mitarbeit am Bau des , 1979 noch „Calancatal-Höhenweg“ genannt. Wir waren von der Idee und der Wegbauarbeit begeistert. Für mich und meine Mitarbeiter war aber von Anfang an klar, der Höhenweg allein nützt den Menschen im Calancatal wenig. So haben wir schon 1979 begonnen, uns den als Folge der Abwanderung grösstenteils verwahrlosten Fusswegen zu den Monti und Alpen anzunehmen, eine Unterstützung der verbliebenen Bauern, die damals noch keinen zentralen Gross-Stall im Dorf besassen. Bis heute sind wir jedes Jahr irgendwo mit Wegsanierungen beschäftigt.

Mit dem Verschwinden der traditionellen Berglandwirtschaft ging eine fortschreitende Verbuschung und Vergandung früherer Äcker, Wiesen und Weiden einher, eine Verarmung der Kulturlandschaft. Dieser Prozess löste in der Arbeitsgemeinschaft zweierlei Reaktionen aus. Einerseits begannen Einzelne von uns in Feld und Wald nach Spuren vergangener Zeiten zu suchen, wir lernten in der Landschaft zu lesen. Andererseits wollten wir mithelfen, auf kleinem Raum die Vergandung zu stoppen und zusätzlich möglichst viele noch vorhandene Zeugnisse früherer Formen der Bewirtschaftung zu bewahren. Gerade letzteres ist nicht immer einfach, es bringt den finanziell nicht auf Rosen gebetteten Landbesitzern und Gemeinden keinen materiellen Gewinn, zumindest vorderhand nicht. Die Bewahrung alter Strukturen darf die aktuelle Bewirtschaftung nicht unnötig erschweren und sollte ergänzt sein mit zukunftsgerichteten Aktivitäten. Landschaftsschutz ohne Einbezug der Bauern, die auch in der Zukunft durch ihr Wirtschaften eine vielfältige Kulturlandschaft sichern helfen, gibt es nicht, daher haben wir seit jeher die Zusammenarbeit mit ihnen gesucht.
So habe ich mich im Herbst 2009 entschlossen, unsere vielseitigen Aktivitäten und gewonnenen Erfahrungen (Ergebnisse von Arbeitslagern, Schulprojekten und eigenen Forschungsarbeiten) im Calancatal, insbesondere auf den Monti über Cauco, zusammenzuführen, damit die sich daraus ergebenden Synergien sichtbar und genutzt werden.

Das 2012 beschlossene Projekt bündelt alle unsere Aktivitäten in diesem Raum:
- Bau und Unterhalt von Wegen
- Pflege der heutigen Kulturlandschaft in Zusammenarbeit mit den Bauern
- Erforschung der lokalen Landschaftsgeschichte
- Erforschung und Pflege von Zeugnissen der traditionellen Kulturlandschaft
- Förderung des zum wirtschaftlichen Überleben notwendigen Tourismus

Wir möchten interessierte Besucher des Calancatals an unseren Erfahrungen teilhaben lassen, ihnen einen Teil der in den vergangenen Jahrzehnten gewonnenen Erkenntnisse vermitteln und sie ermuntern, selber auf Entdeckungsreisen zu gehen. Vor allem aber möchten wir unter dem Motto „Vergangenheit trifft Zukunft“ mithelfen, wichtige Zeugnisse der historischen Kulturlandschaft zu bewahren und für einen sanften Tourismus nutzbar zu machen, sowie die heutigen Bauern in ihren Bemühungen unterstützen, die letzten Flächen des ehemaligen landwirtschaftlichen Kulturlandes ökologisch zu nutzen. Kurz gesagt: Vergangenes und Gegenwärtiges verbinden mit Blick auf die Zukunft.
Als Geograph habe ich mich seit meiner Studienzeit immer und überall für die Geschichte der Landschaft interessiert, denn nur wenn wir diese Geschichte kennen, können wir das heute Bestehende verstehen. Persönlich bin ich überzeugt, ohne ein solches Verständnis wird man kaum den Weg zu einem verantwortungsvollen Umgang mit unserem Lebensraum in unserer sich rasant verändernden Welt finden.

Juli 2019 Hans Urech, Initiator der „Arbeitsgemeinschaft Val Calanca“



Projektraum

Der Raum für unsere Projekte ist das mittlere Calancatal, speziell das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Cauco:

- Die Landschaftsgeschichte dieses Talabschnitts ist vom Initianten dieses Projektes in jahrelanger Kleinarbeit erforscht worden, zu den verschiedensten Aspekten stehen bereits Karten Graphiken und Textunterlagen zur Verfügung.

- Gebäude auf den Monti von Artoalla und Sisielma dienen seit über 40 Jahren als Basislager für Arbeitseinsätze der Arbeitsgemeinschaft Val Calanca. Diese möchte in den kommenden Jahren weitere Ideen in die Tat umsetzen und auf diesem Weg gleichzeitig einen praktischen Beitrag im Bereich Umweltbildung leisten.

- Cauco besitzt ein weitgehend intaktes Ortsbild mit fachgerecht restaurierten Sakralbauten sowie gut erhaltene Maiensässzonen, die ideale Ergänzung zu unserem Projekt. 

- Es existiert eine fest verwurzelte Freundschaft zwischen der AVC und der ortsansässigen Bevölkerung, die beste Voraussetzung für eine reibungslose Zusammenarbeit.

Wir möchten unsere Arbeit als Impuls zur Erhaltung des kulturlandschaftlichen Erbes der Region und einer reduzierten Berglandwirtschaft verstanden wissen. Dieses Erbe ist das wichtigste Kapital für einen naturnahen Tourismus, ohne den das Tal in der Zukunft nicht auskommen wird. Vielleicht kann unsere Arbeit dazu beitragen, die Erhaltung naturnaher Kulturlandschaften als wichtige Aufgabe zu erkennen. Diese Aufgabe muss als Gemeinschaftsaufgabe verstanden werden, die Ziele lassen sich nur erreichen wenn alle zusammenarbeiten, denen das Calancatal am Herzen liegt: Ferienhausbesitzer, Touristen und hier wohnhafte Menschen.



Umsetzung

Die traditionelle Kulturlandschaft hat im Verlauf von Jahrhunderten ihr heutiges Gesicht erhalten. Diese Landschaftsgeschichte soll in einem überschaubaren Raum sichtbar gemacht werden. Hierfür spielen alte Gebäude eine zentrale Rolle, sie gilt es zu bewahren und ihre einstigen und heutigen Funktionen aufzuzeigen.

Unser Verein verfügt nur über bescheidenste finanzielle Mittel, seine Mitglieder investieren vor allem ihre Arbeitskraft. Es ist ein Projekt in dem man lernt, die eigenen Ansprüche zurückzunehmen zugunsten der Natur und der Mitmenschen. Mit Blick auf die Zukunft möchten wir zeigen, wie Landschaftspflege und aktuelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen kombiniert werden könnten und dazu beitragen, dass die Erhaltung naturnaher Kulturlandschaften als wichtige Aufgabe wahrgenommen wird. Die Umsetzung muss sich darauf ausrichten, den Menschen die Schönheiten einer naturnahen Kulturlandschaft vor Augen zu führen und sie auf den kontinuierlichen Wandel eines Lebensraumes sowie die Folgen dieses Wandels aufmerksam zu machen.

Die konkrete Umsetzung des Projekts orientiert sich an der Feinkartierung des Projektraumes; mit den betroffenen Grundeigentümern und Pächtern werden die notwendigen Absprachen getroffen.

Landschaftselement

Tätigkeiten und Unterstützungsmassnahmen der AVC

Bergwald, Sekundärwald (ehem. Agrarland)

Orientierungsschrift verfassen, eventuell später Orientierungstafeln, Wanderprospekte, Exkursionsunterlagen

vergandenes Kulturland

Nach Absprache mit den Eigentümern (Buschwerk beseitigen bzw. Studium der Vegetationssukzession auf Brachland)

Weideland

Periodisch säubern und entbuschen, punktuell Hilfe beim Zäunen

Mähwiesen

Flächen von Steinen und Holz säubern, wenn nötig Unterstützung beim Heuen

ehemalige Ackerterrassen

Unterhalt der Mauern, Pflege der Flächen, teilweise Bewirtschaftung, Dokumentation

untergegangene Fraktion Lasciallo

Dokumentation ihrer Geschichte

alter Fussweg auf die Monti (z.T. mit seitlichen Trockenmauern)

Regelmässiger Unterhalt, seitliche Trockenmauern ausbessern und eingestürzte Teile ergänzen

Wasserkanal mit Brunnen

Zerfallene Teile wieder herstellen, Unterhaltsarbeiten erledigen (insbesondere jährliche Reinigung)

Kapelle Lasciallo

Umgebungsarbeiten jährlich ausführen, Unterstützung der Stiftung Pro Kapelle Lasciallo

traditionelle landwirtschaftliche Gebäude

Unterstützung der Eigentümer bei Unterhaltsarbeiten, Dokumentation

Allein in den Jahren 2006 bis 2014 wurden im Projektraum rund 7000 Stunden unbezahlte Freiwilligenarbeit geleistet. In dieser Zeit konnten wir unter anderem mit Unterstützung durch den Fonds Landschaft Schweiz vom endgültigen Zerfall bedroht Mauern der einstigen Ackerterassen über Lasciallo instandstellen sowie Informationstafeln für interessierte Touristen realisieren. Seither bemühen wir uns um die Pflege des Erreichten sowie einen Weiterausbau des Projektes sowohl auf handwerklicher als auch auf wissenschaftlicher Ebene.

Wiederherstellung von Trockenmauern

Die Idee, einige der zahlreichen ehemaligen Ackerterrassen unter der Felswand über Lasciallo zu restaurieren und der Nachwelt zu erhalten, tauchte im Jahre 1995 auf. An die Realisierung des Pro- jektes wagten wir uns erst 10 Jahre später.

2006 begannen wir mit der Instandstellung von Trockenmauern in der Terrassenanlage „Ciüs“ nordöstlich der Kapelle Lasciallo. 2010/2011 folgten die Arbeiten auf der zweiten ausgewählten Projektfläche „Al Sborf“ rund 250 Meter weiter südlich. Hier kann man nicht von einer eigentlichen Terrassenanlage sprechen, die winzigen Äckerlein lehnen sich an die Blöcke eines Felssturzes an.

Heute, nach rund 900 Stunden Fronarbeit, kann sich der stau- nende Betrachter wieder ein Bild davon machen, mit welchem Aufwand hier einst dem steinigen Boden karge Ernten abgerun- gen wurden. Für Material, Informationstafel und das Erarbeiten von Dokumentationen erhielten wir finanzielle Unterstützung durch den Fonds Landschaft Schweiz.